DGB Region gegen Zwangsverrentung von älteren ALG II-Beziehern
Erschienen am: 13.11.07

Auch im Landkreis Mühldorf droht älteren ALG II-Empfänger ab dem 1. Januar 2008 die zwangsweise Abschiebung in die Altersrente mit Abschlägen. „Das konterkariert alle Bemühungen zur Steigerung der Erwerbstätigkeit Älterer und erhöht das Risiko von Altersarmut“ so Günter Zellner, DGB Regionsvorsitzender für Südost-Oberbayern.

Ursache hierfür ist das SGB II (Hartz IV) wonach Arbeitslose alles tun müssen, um ihre Hilfebedürftigkeit zu vermindern. Dazu zählt auch die Beantragung einer Altersrente mit Abschlägen von bis zu 18 Prozent. Dies gilt sogar für Angehörige des Hilfeempfängers. Bisher hatte das keine praktische Wirkung, da die so genannte 58er-Regelung, - nach der über 58-jährige Arbeitslose nur eingeschränkt der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen müssen - die Betroffenen vor der Beantragung einer Rente mit Abschlägen geschützt hat. Diese Regelung soll nun aber nach dem Willen der Regierungskoalition auslaufen.

Günter Zellner: „Es ist unverantwortlich, ältere ALG II-Bezieher in die Altersrente mit Abschlägen von bis zu 18% abzudrängen. Einerseits proklamiert die Bundesregierung die Rente mit 67 im Zuge des demographischen Wandels, andererseits wird eine ganze Personengruppe auch gegen ihren Willen zwangsverrentet. Sozialpolitisch ist das verheerend.“ Dabei ist das Risiko steigender Altersarmut mittlerweile offensichtlich. Im Durchschnitt erhalten Neurentner nur noch eine Altersrente von 827 Euro (alte Bundesländer) bzw. 761 Euro (neue Bundesländer). Von diesen geringen Beträgen noch Abschläge hinzunehmen stößt diese Menschen unter die Armutsgrenze.

Der DGB fordert von der Regierungskoalition eine Änderung des SGB II, dass ältere Arbeitslose nicht gegen ihren Willen in eine Rente mit Abschlägen geschickt werden dürfen. Wenn die Regierung tatsächlich etwas gegen Altersarbeitslosigkeit und Altersarmut tun will, muss sie ihre Bemühungen um die Wiedereingliederung älterer Arbeitsloser verstärken. Die zuletzt gesunkene statistische Altersarbeitslosigkeit beruht wesentlich auf der 58er-Regelung, wonach bundesweit bis zu 400.000 Arbeitslose über 58 Jahre nicht in der offiziellen Statistik erscheinen. Im Landkreis Mühldorf waren im Juli 2007 rund 600 Personen von der 58er-Regelung betroffen und tauchten somit nicht in der Statistik der Arbeitsagentur auf. Offiziell sind im Oktober 2007 „nur“ 348 arbeitslose Menschen über 55 Jahre in diesem Bereich gemeldet gewesen.

„Der DGB will nicht nur eine längere Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld I und die Vermeidung einer Zwangsverrentung von Arbeitslosengeld II-Beziehern, sondern fordert echte Beschäftigungsperspektiven für ältere Arbeitslose“ so Regionsvorsitzender Günter Zellner. Dazu zählen altersgerechte Qualifizierungsmaßnahmen und die Förderung regulär entlohnter Jobs. Gerade wer ein langes Arbeitsleben hinter sich hat, darf im Alter nicht zum Armutsfall werden. Im Landkreis Mühldorf sind heute fast 54% aller über 50-Jährigen bereits auf Arbeitslosengeld II angewiesen.