Experten zählen das „Goldene Rössl“ zu den kostbarsten Kunstschätzen Europas, weltweit gar als das kostbarste Exemplar der Goldschmiede- und Emailkunst, mit einem Versicherungswert im Millionenbereich. Deswegen musste die Diözese höchsten Sicherheitsstandard sowie ein Maximum an konservatorischem Standard mit entsprechend aufwendiger Technik im neuen Museum gewährleisten.
In der „Neuen Schatzkammer“ spannt sich der Bogen von grundlegenden Informationen zum Thema Wallfahren über die Geschichte der Altöttinger Wallfahrt bis hin zu deren wertvollen Zeugnissen in der Kunst. Im „Haus Papst Benedikt XVI. – Neue Schatzkammer und Wallfahrtsmuseum“ werden neben dem weltbekannten „Goldenen Rössl“ weitere Pretiosen aus vielen Jahrhunderten zugänglich gemacht. Zum Bestand zählen neben liturgischen Gewändern und Geräten unter anderem rund 2.000 Rosenkränze, 1.200 Schmuckstücke, 1.600 Münzen und Wallfahrtsabzeichen, wie eine Inventarisierung ergab.
„L’imaige de Nostre Dame“ - „Das Bild Unserer Lieben Frau“.
Die im Volksmund als „Rössl“ bezeichnete Pretiose, hat aber nur indirekt mit einem Pferd zu tun. Es handelt sich bei dem weltweit einzigartigen Meisterwerk französischer Goldschmiedekunst um ein Marienaltärchen; 62 cm hoch, mit einem Aufbau aus Gold und vergoldetem Silber und goldenen Figuren, die mit weißem und verschiedenfarbigem Email überzogen sind. Oben thront, in einer goldenen, mit Perlen und Edelsteinen verzierten Laube, die Muttergottes mit dem Christuskind. Darüber schweben Engel mit der Krone. Zu ihren Füßen knien, als Kinder dargestellt, Johannes der Täufer, Johannes der Evangelist und die hl. Katharina, davor betend der französische König Karl VI. und sein Marschall. Die ganze Szenerie wird getragen von einer Säulenhalle mit Gewölbe, unter dem ein Diener das gesattelte Leibroß des Königs am Zügel hält. Dieses Roß hat dem ganzen Kunstwerk seinen bayerischen Namen „Goldenes Rössl“ gegeben. In Frankreich hieß es einst „L’imaige de Nostre Dame“ – „Das Bild Unserer Lieben Frau“. Die bayerische Prinzessin Elisabeth, in Frankreich Isabeau de Baviere genannt, hat das Kunstwerk als Neujahrsgeschenk im Jahr 1404 für ihren Gemahl, den französischen König Karl VI. in Auftrag gegeben.
Auf verschiedenen Wegen ist diese Gold-Emaillearbeit 1509 zusammen mit zehn weiteren Kunstwerken in den Kapellschatz nach Altötting gelangt: als 1503 der Landshuter Erbfolgekrieg ausbrach beschlagnahmte der Herzog, um die Kriegskosten zu tilgen, den Altöttinger Kapellschatz. Er konnte die entsprechende Summe nicht erstatten. Deshalb erhielt die Heilige Kapelle im Jahre 1509 als Pfand für die beschlagnahmten Schätze aus der herzoglichen Schatzkammer diese Gold-Emailarbeiten aus dem französischen Kronschatz. Es waren neben dem Marienaltärchen noch zehn ähnliche Stücke. In der Säkularisation wurde nahezu der gesamte Schatzbestand der Kapelle vom Staat beschlagnahmt und nach München zum Einschmelzen gebracht. 1820 kam das „Goldene Rössl“ zurück.
1992-1995 wurde das kostbare Stück in den Werkstätten des Bayerischen Nationalmuseums in München unter fachlicher Beratung und Mitarbeit von Kunsthistorikern des Pariser Louvre, des Britischen Museums in London sowie aus Deutschland und Österreich aufwendig restauriert, kehrte nach einer Ausstellung in München im April 1995 wieder nach Altötting zurück und wurde nur noch einmal - im Jahr 2004 - im Louvre in Paris - ausgestellt.
Ein weiteres Prunkstück in der „Neuen Schatzkammer“ ist das sogenannte „Füllkreuz“ –im gleichen Raum wie das Marienaltärchen ausgestellt. Es stammt aus dem Besitz der Münchener Partrizierfamilie Füll mit einem kostbaren, aus Elfenbein geschnitzten Korpus und einem auf Lapislazuli-Platten gemalten Passionszyklus.
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