Versteinerte Riesen-Orgel ausgezeichnet –
Altöttinger besitzen schönstes Geotop Bayerns
Erschienen am: 26.05.2009

"Laune der Natur spiegelt Millionen Jahre alte Klimaschwankungen wider "

(Unterneukirchen) Ab heute - 26.05.09 - zählen die Geologischen Orgeln bei Oberschroffen im Landkreis Altötting zu den 100 schönsten Geotopen Bayerns. Dies betonte Roland Eichhorn, Abteilungsleiter für Geologie am Landesamt für Umwelt (LfU), bei der Verleihung des Gütesiegels an die Gemeinde Unterneukirchen. Eichhorn: "Während der Eiszeiten transportierten die Schmelzwasserflüsse riesige Geröllmassen aus den Kalkalpen bis in die Altöttinger Gegend. Als es dann wieder wärmer wurde, löste das Regenwasser den Kalk. Es entstanden bis zu zehn Meter hohe senkrechte Röhren, in denen manchmal sogar die Erde aus der Eiszeit erhalten blieb. Pfeift dann auch noch starker Wind durch die Röhren, vernimmt man orge-lähnliche Töne." Diese einzigartige Laune der Natur sei auch Ausdruck der tiefgrei-fenden Klimaschwankungen der letzten zweieinhalb Millionen Jahre. "Nur wenige Orte auf der Erdoberfläche erlauben uns, das Wissen über die Entstehung unserer Erde und ihrer Klimageschichte zu erforschen. Oberschroffen zählt dazu", so Eich-horn. Bislang wurden insgesamt 78 von rund 3.100 Geotopen mit dem Gütesiegel "Bayerns schönste Geotope" ausgezeichnet, davon 17 in Oberbayern.

Geotope werden im Freistaat seit 1985 systematisch erfasst und ins Geotopkataster aufgenommen. Ein Gremium aus der Umweltverwaltung wählt die 100 Geotope aus, die in die Bestenliste aufgenommen werden. Internet (www.geotope.bayern.de) und Faltblätter in den Fremdenverkehrsämtern informieren über die steinalten Natur-schätze; Hinweisschilder an den Wanderwegen leiten die Besucher zu den dortigen Informationstafeln.

Fakten zum Geotop "Geologische Orgeln Oberschroffen"

  • In einem alten Steinbruch bei Oberschroffen wurden beim Gesteinsabbau röh-renförmige Schlote in einem Schotterkonglomerat freigelegt. Teilweise zur Hälfte angeschnitten sehen sie wie Orgelpfeifen aus, daher werden Sie auch als „Geo-logische Orgel“ bezeichnet. Dieser bayernweit einzigartige Aufschluss ist als Naturdenkmal geschützt.
  • Ausgeprägte Klimaschwankungen prägten das sogenannte „Eiszeitalter“, näm-lich die vergangenen zweieinhalb Millionen Jahre der Erdgeschichte: Mehrfach wechselten kalte und trockene „Kaltzeiten“ mit wärmeren und feuchteren „Warm-zeiten“ ab. Während der Kaltzeiten stießen immer wieder Gletscher aus den Al-pentälern bis weit in das Vorland vor. In den Warmzeiten schmolzen die Eisma-ssen wieder ab. Wie heute bedeckte damals Vegetation das Land und es kam zu ausgeprägten Bodenbildungen.
  • Der Gesteinsschutt, den die eiszeitlichen Gletscher aus den Alpen mitgebracht hatten, wurde von Schmelzwasserströmen weiter transportiert, abgerundet und als Schotter wieder abgelagert. In Oberschroffen findet man Schotter des dritt-letzten Glazials, in Bayern traditionell „Mindel“ genannt. Sie weisen tiefgründige Böden auf, die sich zwischen der Mindel- und der späteren Riß-Kaltzeit bildeten.
  • Die Geologischen Orgeln entstanden durch Verwitterungsvorgänge im Zuge dieser Bodenbildung: Aus den lösungsanfälligen kalkreichen Schottern wurde der Kalk ausgewaschen. Das Sickerwasser suchte sich einen Weg in den Unter-grund und formte dabei über lange Zeit die bis zehn Meter hohen, senkrechten Lösungsröhren.