Nach langer Diskussion haben die Stadträte in der heutigen Sitzung die Entlassung der beiden SPD-Stadträte abgelehnt. Die vorangegangene, fast eineinhalbstündige Diskussion brachte große Bedenken darüber zum Ausdruck, daß der Rückzug gewählter Vertreter das Ansehen dieses besonderen Ehrenamts beschädigen könnte. Diese Befürchtung äußerten sowohl Mitglieder der CSU-Fraktion als auch der UWG-Fraktion und der Freien Mühldorfer. Die Fraktion der Grünen war gespalten - Oskar Rau stimmt der Entlassung zu, Dr. Georg Gafus verweigerte seine Zustimmung.
Werner Groß - Vorsitzender der SPD-Fraktion - veränderte sich beruflich: Er übernahm zu Schuljahresbeginn die Position des Rektors an der Seminarrealschule in Bogen an der Donau. Der dort nötige zeitliche Aufwand mache es ihm unmöglich, seine Funktion als Volksvertreter im Stadtrat weiter in gebührender Weise auszuüben.
Stadtrat Alex Pfeiffer - Wirt des Geigerhaus am Stadtplatz und mit den meisten Stimmen aller SPD-Stadträte in dieses Gremium gewählt - macht den Zusatzaufwand für eine neu gegründete Werbefirma bei gleichzeitig hoher Verantwortung für seine Mitarbeiter im Geigerhaus dafür verantwortlich, daß er den zeitlichen Aufwand für die Stadtratsarbeit nicht mehr erbringen kann.
Beiden Stadträten warfen die Diskussionsteilnehmer vor, die Funktion der Beliebigkeit preiszugeben. Werner Groß hielten sie vor, zwar das Stadtratsmandat aufgebe, das zweite Ehrenamt, den Vorsitz des FC Mühldorf aber beahlten zu wollen. Alex Pfeiffer entgegneten sie, er hätte sich vor der Aufstellung zur Wahl informieren müssen, wieviel Arbeit und zeitlicher Aufwand an dieser Funktion hängt.
Bürgermeister Günther Knoblauch mißbilligte die Haltung der Stadträte und kündigte an, diese Entscheidung anzufechten.
Die Diskussion ist teils berechtigt: Im Fall Werner Groß' ist der Entlassung sicher zuzustimmen. Sein Wechsel dient seinem beruflichen Fortkommen, führt ihn näher an seine Heimatstadt und verändert langfristig seinen Lebensmittelpunkt nach Niederbayern. Das Argument mit dem Vorsitz des FC sticht nicht. Seit langem sucht dieser Verein einen Nachfolger, wurde aber bislang nicht fündig.
Im Fall Alex Pfeiffers ist die Ablehnung gerechtfertigt. Es kann nicht angehen, daß ein Stadtrat, der sich bewußt für die Ausübung dieses Mandats hatte wählen lassen, sich in seinem Arbeitsleben so wenig Zeit läßt, daß es ihm unmöglich wird, den Wählerauftrag zu erfüllen. Das hätte er früher überlegen müssen.
Allerdings stellt sich mit dem angekündigten Verzicht des nächsten Nachrückers die selbe Frage: Auch Fritz Killermann wußte zum Zeitpunkt seiner Aufstellung um seine beruflichen Verpflichtungen. Auch er erhielt so viele Stimmen, daß er nun seinen Auftrag erfüllen müßte. Mit seinem Verzicht setzt auch er sich dem Verdacht aus, nur kandidiert zu haben, um Wählerstimmen zu holen.
Man wird sehen müssen, was Bürgermeister Knoblauchs Anfechtung bewirkt.
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