Von Dr. Georg Gafus (GRÜNE):
Was kostet die Welt?
60 Prozent Preissteigerung für die De-Luxe-Umfahrung Ampfing von 22 auf 35 Millionen Euro in einem Jahr.
Kosten für 33 Kilometer Restrecke der A94 voraussichtlich zwischen 455 und 540 Millionen Euro – bei sofortigem Bau ohne Unterbrechung.
Autobahnbau im Kleckerlesverfahren. Kosten spielen keine Rolle. Zahlen sollen unsere Kinder und Enkel – ÖPP sei Dank!
Ein freudiger Tag für die schwarz-rote Regionalprominenz. Gestern durften sie das Band für die Luxusumfahrung der Gemeinde Ampfing durchschneiden. Sogar für den Vorsitzenden des Autobahnvereins durch’s Isental, der dem grausigen Geschehen mangels Spaten im Juli in Dorfen noch den Rücken gekehrt hatte und diesmal mit der Schere dabei sein durfte. Erfreulich für die Ampfinger Anlieger, die jetzt auf 680 Metern von der Autobahn nichts sehen und hören (hoffentlich!). Aber ein teures Vergnügen für die Steuerzahler. 70 Millionen Euro haben diese 4,3 Kilometer Ortsumfahrung im Autobahnformat gekostet, trotz Sparmaßnahmen wie Testbeton als Straßenbelag.
Rund die Hälfte dieser Kosten entfiel laut pnp-online vom 4.9.2012 auf den Lärmschutztunnel, also ca. 35 Millionen Euro.
Das hieße, dass die übrigen 3,6 Kilometer „normale Autobahn“ auch ca. 35 Millionen Euro gekostet haben. Knapp zehn Millionen für einen Kilometer Autobahn, damit kalkulieren die Autobahnbauer wohl auch für die offenen 33 Kilometer zwischen Heldenstein und Pastetten. Ein „350 Millionen Euro teures Loch“ nennt der Mühldorfer Anzeiger heute diese Strecke. Schön, dass die Kosten sinken. Am 31.8.2011 hatte Paul Lichtenwald, der Leiter der Autobahndirektion Südbayern in der PNP noch von 385 Millionen Euro gesprochen, als er für die 6,2 Kilometer lange Strecke Strecke Forstinning-Pastetten eine Kostensteigerung von 41,5 auf 49,9 Millionen Euro einräumen musste.
Diese 20-Prozent-Steigerung über einen nicht näher bezeichneten Zeitraum sind aber nichts gegen die Kostensteigerung für die De-Luxe-Umfahrung von Ampfing.
In der am 06.03.2010 veröffentlichten Auftragsvergabe erfolgte der Zuschlag an den günstigsten Anbieter mit knapp 14,1 Millionen Euro für die 680 m Einhausung Wimpasing.
Die Information der Autobahndirektion Südbayern vom April 2011 gibt zusätzlich zu diesen Rohbaukosten dann noch 8,1 Millionen Euro für Betriebstechnik an. Womit sich die Summe von 22,2 Millionen Euro ergäbe. Für die Steigerung in anderthalb Jahren um weitere 13 Millionen Euro (58,5 Prozent) auf die Hälfte der Streckenkosten von 70 Millionen würde mich als grüner Lokalpolitiker eine genauere Erläuterung interessieren. Und sicher nicht nur mich.
Egal, wie sich die 70 Millionen zwischen Einhausung und Restrecke aufteilen:
Für die ökologische, ökonomische und finanzielle Fehlplanung der Autobahn durch das Isental sind nicht nur 350 oder 385 Millionen eine unhaltbare Luftbuchung. Realistischer dürfte ein Ansatz mit der Kostensteigerung von Forstinning/Pastetten über 20 Prozent oder aufgrund offener Bodenuntersuchungen, kostspieliger Brückenbauwerke und Auflagen zum Naturschutz das Kostenverhältnis für die Umfahrung von Ampfing sein: 4,3 Kilometer für 70 Millionen Euro ergeben für die verbleibenden 33 Kilometer 537 Millionen Euro.
Eine ÖPP-Finanzierung ist da wohlfeil. Private Finanziers strecken das Geld vor (so sie denn gefunden werden), machen während der Vertragslaufzeit ihr Geschäft und übergeben den Sanierungsfall anschließend in die öffentliche Hand. Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Kosten. Das kennen wir schon von AKWs und bis heute fehlenden Endlagerstätten.
Früher oder später durchschauen immer mehr Bürgerinnen und Bürger auch in unserer Region dieses üble Spiel. Je früher, desto besser.
Ergänzung vom 05.12.12
Zwischenruf 2 zu „Letzte Freigabe bis 2018“ (Alt-Neuöttinger Anzeiger und Mühldorfer Anzeiger vom 4. Dezember 2012):
Herr Ramsauer spricht sich jetzt für ein ÖPP-Modell als schnellste Möglichkeit für die A94 durch das Isental aus.
Im Klartext: Planung, Finanzierung und Bau bleiben weiter, was sie bisher waren – Pleiten und Pannen. Der Alt-Neuöttinger Anzeiger berichtete gestern zur Einweihung sogar, dass das neue Teilstück bereits sanierungsbedürftig ist. Herzlichen Glückwunsch!
Die schnellste Möglichkeit – wenn sich überhaupt private Finanziers finden sollten, die dieses Desaster weiter vorfinanzieren wollen, dann heißt das auch die teuerste Möglichkeit. Das kennt jeder, der ein Paket schnellstmöglich versandt haben will. Das kostet Zuschlag. Aber die Asphalt- und Betonfraktion klatscht weiter freudig Beifall. Bis zur Belastung der Steuerzahler sind sie nicht mehr in der politischen Verantwortung.
Im Zweifel auch heute noch sinnvoller und zweckmäßiger: Umplanung auf den Ausbau der B12. Da bringt jeder ausgebaute Kilometer der Wirtschaft und den Pendlern aus der Region sofort etwas – und nicht erst am St. Nimmerleinstag, an dem die 33 nicht finanzierbaren Kilometer durch das Isental unter Verkehr sein sollen. 40 Jahre und viel Geld sind bisher unnütz vertan – es reicht.
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