Mühldorfer PIRATEN kritisieren staatliche Datensammlungen durch neues Gesetz
Erschienen am: 15.04.2013
Die Mühldorfer PIRATEN prangern die geplante Gesetzesvorlage zur Bestandsdatenauskunft an. Von dem neuen Gesetz zur Abfrage von Telekommunikations-Bestandsdaten werden auch die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Mühldorf am Inn unter Generalverdacht gestellt! 

Am 21. März hat der Bundestag mit den Stimmen der Unionsfraktion, FDP und SPD erneut ein Gesetz beschlossen, welches tief in die Privatsphäre der Bürger eingreift. Das Gesetz zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft erlaubt es staatlichen Behörden wie Polizei, Geheimdiensten, BKA und Zoll in weitem Umfang auf sogenannte Telekommunikations-Bestandsdaten der Bürger zuzugreifen. Das Gesetz wird am 18. April im Ausschuss für innere Angelegenheiten des Bundesrates behandelt und soll Anfang Mai im Bundesrat verabschiedet werden. Das Fatale an der Novellierung des Gesetzes: Auch der unbescholtene Bürger ist hiervon nicht ausgenommen, da der Zugriff auf seine Daten bereits bei Ordnungswidrigkeiten wie beispielsweise Falschparken möglich ist. 

Die sogenannten Bestandsdaten benötigt der Anbieter um die monatliche Rechnung auszustellen oder Zugriff auf das Emailpostfach des Kunden zu ermöglichen. Gespeichert werden Name, Adresse und Geburtsdatum, jedoch auch sehr sensible Daten wie Bankverbindung, PIN- und PUK-Code des Handys, Passwörter und die IP-Adresse mit der wir uns im Netz bewegen. Wenn das neue Gesetz Rechtsgültigkeit erlangt, müssen Telekommunikationsanbieter all diese Daten künftig staatlichen Behörden über eine elektronische Schnittstelle zur Verfügung stellen.

Dieses Vorhaben trifft nicht nur bei Datenschützern und Richtervereinigungen auf Vorbehalte, sondern vor allem auch bei den PIRATEN. Frank Zimmermann, Bundestagskandidat der PIRATEN für den Wahlkreis Altötting-Mühldorf gibt zu bedenken: "Durch eine Schnittstelle zu den Telekommunikationsanbietern können die Behörden noch einfacher auf die Daten der Bürger zugreifen. In vielen Fällen, wie bei der Abfrage der IP-Adresse, ist dazu nicht einmal ein richterlicher Beschluss notwendig." Das ist auch der Grund dafür, dass beispielsweise die Neue Richtervereinigung starke Bedenken gegenüber diesem neuen Gesetz äußert. Aber nicht nur Strafverfolgungsbehörden haben Zugriff auf die Daten der Bürger. Der Jahresbericht der Bundesnetzagentur listet rund 250 registrierte Behörden auf, die Zugriff auf Bestandsdaten in Anspruch nehmen können.

Laut Zimmermann ist zudem das Abstimmungsverhalten im Bundestag zu diesem Gesetz fragwürdig: "Auf dem Videomitschnitt der Lesung in den späten Abendstunden sind nur gut 40 Parlamentarier zu erkennen. Insgesamt sitzen zur Zeit jedoch 620 Abgeordnete im Deutschen Bundestag."

Der Jahresbericht der Bundesnetzagentur liefert dazu noch weitere interessante Zahlen. So haben sich die Abfragen von Bestandsdaten von 4,7 Millionen im Jahr 2001 bis zum Jahr 2011 mit 40 Millionen Abfragen mehr als verachtfacht. Der Bundestagskandidat der PIRATEN ist der Ansicht, dass allein das schon nicht hinnehmbar ist: "Rein rechnerisch werden hier Daten von jedem zweiten Bundesbürger abgefragt und durch eine Novellierung des Gesetzes ist zudem mit einem weiteren starken Anstieg zu rechnen, da jetzt elektronische Schnittstellen die Hürde für Datenabfragen weiter senken."

Das neue Gesetz könnte jedoch bald erneut vom Bundesverfassungsgericht gekippt werden. Der schleswig-holsteinische PIRATEN-Landtagsfraktionschef Patrick Breyer will dagegen klagen. Der Richter und Politiker hatte damit schon einmal Erfolg: Mit einer früheren Klage in Karlsruhe stoppte Breyer bereits das erste Bestandsdaten-Gesetz.

Grundsätzlich gilt auch hier der von Benjamin Franklin geprägte Satz: 
„Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“