[gaf] Mühldorf, 9. Mai 2014 - Einen Tiefpunkt politischer Unkultur erlebten die Bürgerinnen und Bürger, die zur konstituierenden Sitzung des Mühldorfer Stadtrats ins Rathaus gekommen waren. Knoblauchs Saat ist aufgegangen. Nachdem die Grünen vor sechs Jahren einen zweiten Sitz im Stadtrat hinzugewonnen hatten, verweigerte er ihnen den Fraktionsstatus und die Mitarbeit in einem Aufsichtsrat. Die UWG-Fraktion erhielt aber mit drei Sitzen das Amt des dritten Bürgermeisters, die stimmstärkeren Freien Mühldorfer mit ebenfalls drei Sitzen zum Ausgleich den wichtigen Wirtschaftsreferenten, wenn auch mit einschränkendem Zusatz. Beide Fraktionen konnten je zwei Aufsichtsräte bzw. Verbandsräte stellen.
Jetzt haben sich die Gewichte weiter verschoben. Die Grünen haben einen dritten Sitz hinzugewonnen, die UWG einen vierten, die FM hätten um ein Haar mit Karin Zieglgänsberger und knapp 48 Prozent der Stimmen in der Stichwahl sogar das Amt der ersten Bürgermeisterin geholt. Die SPD hat von den 24 Sitzen im Stadtrat zwei Sitze verloren und stellt nur noch sechs StadträtInnen. Die CSU konnte ihre acht Sitze zwar noch halten, brachte als als stärkste Fraktion ihren Bürgermeisterkandidaten trotz riesigem Werbeaufwand aber nicht einmal in die Stichwahl. Hatte Knoblauch aber nur die Grünen von der Mitwirkung als Referenten und in den Aufsichtsräten ausgeschlossen, grenzen Preisinger-Sontag und Zollner jetzt auch UWG und Freie Mühldorfer aus.
Hatte Knoblauch mit den zwei Grünen acht Prozent der Wähler ausgesperrt, sperren seine Schülerinnen jetzt mit UWG und Freien Mühldorfern die Vertreter von sage und schreibe 41 Prozent der Wählerinnen und Wähler aus. Und sie scheinen sich dafür nicht einmal zu schämen.
Es geht nicht mehr um das Beste für die Stadt, sondern um das Beste für die CSU. Preisinger-Sontag scheut sich nicht, das auch öffentlich zu sagen. Und Zollner spielt mit. Wer in dieser Konstellation das Sagen hat, ist offensichtlich. Zum Auftakt regiert die zweite Bürgermeisterin und demonstriert damit ihrer Fraktion, ihrer Partei und der ganzen Stadt, welch kapitaler Fehler es war, dass sie im vergangenen Sommer nicht als Bürgermeisterkandidatin aufgestellt worden ist. Sie führt Partei und Stadt jetzt aus der zweiten Reihe.
Das Beste für die CSU ist aber das Schlechteste für die Stadt. Nach einem weitgehend fairen Wahlkampf, in dem alle KandidatInnen für ein gutes Miteinander zum Wohl der Stadt und runde Tische zur Lösung der anstehenden Aufgaben eingetreten sind, wischen CSU und SPD ihre Versprechungen vom Tisch.
„Mia san mehra, mia san schwera.“ Nach diesem Motto ist eine Partei oder eine Straßenbande zu führen, aber keine moderne Stadt.
Ilse Preisinger-Sontag hatte als geschäftsführende zweite Bürgermeisterin fünf Monate lang gezeigt, wie Aufgaben konstruktiv zu lösen und das Miteinander im Stadtrat zu verbessern sind. Viele hatten gehofft, dass dieser Weg in einer guten Zusammenarbeit unter Marianne Zollner als erster Bürgermeisterin fortgesetzt wird. Diese Hoffnungen sind schwer enttäuscht.
Zollner hätte mit ihrer sozialen Kompetenz viel erreichen können. Diese Chance hat sie schon am Anfang verspielt. Ilse Preisinger-Sontag wird sich für das Beste der CSU wechselnde Mehrheiten suchen und diese auch bekommen.
UWG, FM und Grüne haben gestern politische Größe und Anstand gezeigt. Damit werden sie in Zukunft noch mehr Mühldorferinnen und Mühldorfer überzeugen.
Am vermeintlichen Gipfel der Macht stehen CSU und SPD in der Kreisstadt am politischen Abgrund. Ihr Ansehen in der Stadt haben sie verspielt. 2020 werden sie sie dort landen, wo ihre Waldkraiburger Parteifreunde schon 2014 angekommen sind. Wer sich christlich, sozial und demokratisch nennt, diese Werte aber mit Füßen tritt, hat es nicht anders verdient.
Demokratie braucht Kontrolle und Wechsel der Macht. Dieser Wechsel ist in sechs Jahren überfällig.
Dr. Georg Gafus, Fraktionssprecher B90/Grüne
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