Zehn junge Männer und zwei junge Frauen aus dem Senegal, die in der Erstaufnahmeeinrichtung im BFZ Peters untergebracht sind, hören gebannt zu, als Papa Wagne seinen Vortrag hält. Wagne ist Senegalese und lebt seit 20 Jahren in Deutschland. Er erzählt, was im Umgang miteinander – speziell mit Frauen – in Deutschland zu beachten ist. Mit vielen Fotos und eindringlichen Worten vermittelt er unter anderem, dass bei uns Männer und Frauen vor dem Gesetz, in der Arbeit oder auch Schule gleichberechtigt sind. „Frauen sind unabhängig von Männern, sie treiben zum Teil gemeinsam Sport und zwar ohne Hintergedanken“, erklärt Papa Wagne. „Und ein Blick in die Augen ist keine Aufforderung zum Flirt, sondern bedeutet Aufmerksamkeit und Freundlichkeit.“
Entwickelt wurde der Vortrag von Patrick Nelson, Leiter der Erstaufnahme des BFZ Peters, umgestaltet und modifiziert durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamt Mühldorf a. Inn. Papa Wagne ist einer von mittlerweile neun Multiplikatoren, jeder beherrscht eine andere, manche auch mehrere Fremdsprachen. Sie helfen mit ihren Vorträgen, Flüchtlingen ein Stück weit unsere Werte, Rechte, Kultur näherzubringen – bei diesem Workshop die Rolle der Frau.
Diese Schulungen sind ein Modul eines Konzeptes „Für ein besseres Miteinander“, das vom Gesundheitsamt Mühldorf unter Leitung von Medizinaldirektor Dr. Benedikt Steingruber zur Unterstützung der Asylsozialarbeit im Landkreis ausgearbeitet wurde. „Gerade die Rolle der Frau ist in den Herkunftsländern der Flüchtlinge ganz unterschiedlich. Uns ist es wichtig, dass diejenigen, die zu uns kommen, wissen, was hierbei zu beachten ist, damit Missverständnisse vermieden werden können und letztendlich Integration besser gelingt“, führt Dr. Benedikt Steingruber aus und fährt dann fort: „‘Für ein besseres Miteinander‘ besteht aus mehreren Modulen. Im Vordergrund steht im Augenblick der oben angesprochene Leitfaden für junge Männer. Dazu gehörte bzw. gehören auch Schulungen dieser Multiplikatoren. In Arbeit ist derzeit eine weitere Einheit für Familien. Hier wird es um Chancengleichheit, Gewaltfreiheit, aber auch Themen wie Aufsichtspflicht gehen. Zur guten Umsetzung ist es wichtig, dass wir alle miteinander dazu beitragen – zum Beispiel meine Mitarbeiterinnen, die Asylsozialberatung im Landkreis oder das Ausländeramt.“
Ein weiterer Bestandteil des Konzeptes ist die Arbeit mit Schülerinnen und Schülern. In vielen Schulen nimmt die Anzahl von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu. Des Weiteren gibt es immer mehr Flüchtlingskinder, die ebenfalls schulpflichtig sind und am Unterricht teilnehmen. Das Thema „interkulturelle Kompetenz“ wird daher von Sozialpädagoginnen des Gesundheitsamtes im Rahmen der sexualpädagogischen Projekte in die Schulen des Landkreises gebracht. So sprachen die Sozialpädagoginnen des Gesundheitsamtes Bianca Ott, Anna Fischer und Carola John-Hofmann bereits mit den Schülerinnen und Schülern mehrerer 6. Klassen und einer 8. Klasse.
Je einen Vormittag lang arbeiteten die Sozialpädagoginnen mit der nach Geschlechtern getrennten Schulklassen an Themen wie „Beziehungen“, „Grenzen ziehen“ und „Körperwissen“ und verknüpften die Inhalte mit interkulturellen Besonderheiten. So wurde beispielsweise darüber gesprochen, dass in einigen Ländern ein Zusammenleben von Mann und Frau nicht auf einem rechtsgültigen Vertrag beruht wie es in Deutschland der Fall ist. Auch das Alter, in dem Paare heiraten, ist weltweit unterschiedlich. „Menschen, die als Flüchtlinge in den Landkreis Mühldorf kommen, stammen aus unterschiedlichen Kulturen und sind mit unterschiedlichen Werten aufgewachsen“, erklärt Carola John-Hofmann. „Ein offener, respektvoller Umgang auf allen Seiten stellt die Grundlage für ein gutes Miteinander dar und ist wesentlich, damit Integration gelingen kann.“ Auch weiterhin wird sich das Gesundheitsamt mit diversen Projekten an der Integrationsarbeit für Flüchtlinge beteiligen. |
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