Ergebnisse der Bornavirus-Studien im oberbayerischen Maitenbeth veröffentlicht: Keine Hinweise auf durchgemachte Bornavirus-Infektion (BoDV-1) unter Teilnehmenden – Bornavirus bei Feldspitzmäusen nachgewiesen

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Die Ergebnisse der vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) initiierten und vom Gesundheitsamt Mühldorf a. Inn unterstützten Bornavirus-Studien in der oberbayerischen Gemeinde Maitenbeth (Landkreis Mühldorf a. Inn) liegen vor. Bei den untersuchten Bürgerinnen und Bürgern gibt es keine Hinweise auf durchgemachte Infektionen mit dem Borna Disease Virus 1 (BoDV-1). Damit bleibt die Erkrankung weiterhin sehr selten. Dagegen wurde – wie erwartet – das Virus bei Feldspitzmäusen nachgewiesen. Das LGL ruft deshalb erneut zur Vorsicht im Umgang mit diesen Tieren und deren Ausscheidungen auf.

Die Studie zum „Klinischen Spektrum von Infektionen mit Borna Disease Virus 1“ (BOSPEK-Studie) wurde vom LGL in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Regensburg durchgeführt. Anlass war, dass in Maitenbeth in den vergangenen drei Jahren zwei Erkrankungsfälle mit dem gefährlichen Virus bekannt wurden. Die Studie fand somit an einem Ort mit nachgewiesenem Vorkommen von BoDV-1 statt – und damit einer potentiellen Kontaktmöglichkeit der Menschen zum Virus.

Insgesamt nahmen 679 Bürgerinnen und Bürger von Maitenbeth an der BOSPEK-Studie teil. Das entspricht – gemessen an der volljährigen Bevölkerung Maitenbeths – einer Teilnahmequote von 41%. Bei keiner der untersuchten Blutproben aus der Bevölkerung wurden entsprechende Antikörper gegen das Virus nachgewiesen, was ein Hinweis auf überstandene Infektionen mit dem Borna Disease Virus 1 (BoDV-1) gewesen wäre. Auch alle durchgeführten Nasenabstriche wurden negativ auf dieses Virus getestet.

Gleichzeitig deuten die Ergebnisse der BOSPEK-Studie darauf hin, dass es keine – oder nur sehr selten – andere klinische Verlaufsform einer BoDV-1-Infektion gibt als die bekannte, durch das Virus hervorgerufene und meist tödlich verlaufende Gehirnentzündung.

Neben der Untersuchung von Blutproben auf Antikörper und T-Zell-Antworten gegen BoDV-1 durch Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des Instituts für Klinische Mikrobiologie und Hygiene am Universitätsklinikum Regensburg wurden in den vergangenen Monaten insgesamt knapp 40 Umweltproben an verschiedenen Stellen in Maitenbeth, darunter z. B. Erde oder Material aus Mäuselöchern, gesammelt. Parallel untersuchten Expertinnen und Experten des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) Feldspitzmäuse, die bekanntermaßen als natürliches Reservoir für das Virus gelten, und andere Spitzmausarten auf die Verbreitung des Virus. Tatkräftige Unterstützung erhielten sie dabei von den Bürgerinnen und Bürgern aus Maitenbeth, die Totfunde oder Katzenfänge von Spitzmäusen sammelten und dem örtlichen Gesundheitsamt zur Weiterleitung an das FLI übergaben.

Während die untersuchten Umweltproben keinen Virusnachweis erbrachten, konnte das Bornavirus in der Feldspitzmauspopulation nachgewiesen werden. Insgesamt wurden 157 tote Spitzmäuse verschiedener Arten untersucht. Darunter waren 16 Feldspitzmäuse – nur bei dieser Art wurde das Virus gefunden, und zwar bei 6 Tieren. Dies zeigt, dass das Virus wie erwartet unter Feldspitzmäusen in Endemiegebieten, wo auch Erkrankungsfälle beim Menschen auftreten, vorkommt.

Vor diesem Hintergrund appellieren das Gesundheitsamt Mühldorf a. Inn sowie das LGL weiterhin im Umgang mit oder der Entsorgung von Spitzmäusen oder deren Ausscheidungen, bestimmte Sicherheits- und Hygienemaßnahmen einzuhalten. Das Risiko einer Infektion kann nach aktuellem Kenntnisstand nur durch eine Vermeidung des Kontakts mit Spitzmäusen und deren Ausscheidungen reduziert werden. So sollten beispielsweise lebende oder tote Spitzmäuse nicht mit bloßen Händen berührt werden.

Die Forschung zu Bornavirus-Infektionen soll unterdessen weiter forciert werden. „Wir wollen weitere Forschungsansätze verfolgen, z. B. zu den Übertragungswegen, zur Immunpathogenese der Erkrankung und der Dynamik in den Reservoirwirten, um weitere Erkenntnisse über die meist tödlich verlaufende Krankheit zu gewinnen und Präventionsmaßnahmen schärfen zu können", sagt Dr. Merle Böhmer, stellvertretende Leiterin der Infektionsepidemiologie am LGL und Initiatorin der Studien in Maitenbeth.

Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat mitgeteilt, dass die Fortführung der Studien zu Bornavirus-Infektionen in den Jahren 2023 und 2024 gesichert sei. Landrat Max Heimerl dankt Gesundheitsminister Klaus Holetschek, der die Finanzierung weiterer Untersuchungen zugesagt hat: "Ein wichtiger Schritt ist gemacht. Nun gilt es, weitere Erkenntnisse über das Virus zu gewinnen."

Mit Blick auf die Ergebnisse in Maitenbeth sagt Landrat Max Heimerl: "Es ist vor allem eine beruhigende Nachricht, dass in keiner Blutprobe Antikörper gegen das Virus nachgewiesen wurden." Die hohe Bereitschaft zur Teilnahme an der Studie habe auch gezeigt, wie sensibel die Bevölkerung in Maitenbeth mit dem Thema umgehe. "Mein Dank gilt sowohl den hilfsbereiten Bürgerinnen und Bürgern in Maitenbeth als auch den beteiligten Institutionen, die in sehr kurzer Zeit ihre Studien auf den Weg gebracht haben."

Hintergrundinformationen zu Bornavirus und BOSPEK-Studie

Nach heutigem Wissensstand ist das natürliche Vorkommen von BoDV-1 regional begrenzt. Endemiegebiete für BoDV-1 befinden sich in Ost- und Süddeutschland (mit Schwerpunkt in Bayern) sowie kleinen Teilen Österreichs, der Schweiz und Liechtensteins. Der Landkreis Mühldorf a. Inn befindet sich im Endemiegebiet für das Bornavirus. Obschon BoDV-1 bereits lange als Erreger der Borna’schen Krankheit bei Tieren bekannt ist, ist erst seit 2018 nachgewiesen, dass BoDV-1 auch auf den Menschen übertragbar ist und bei ihm meist tödliche Gehirnentzündungen (Enzephalitiden) verursacht. Um eine bessere Datenlage zum Vorkommen der Infektion beim Menschen zu schaffen, trat zum 1. März 2020 eine Meldepflicht in Kraft. Im Zuge der Forschung zu Bornavirus-Erkrankungen beim Menschen konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Bornavirus nunmehr auch zurückliegenden, bisher ungeklärten Krankheitsfällen zuordnen.

Nachdem in der Gemeinde Maitenbeth im Landkreis Mühldorf a. Inn seit Herbst 2019 zwei humane BoDV-1-Erkrankungsfälle auftraten, wurde die Studie zum „Klinischen Spektrum von Infektionen mit Borna Disease Virus 1“ (BOSPEK-Studie) sowie weitere Studien in Maitenbeth initiiert.

Weiterführende Informationen zum Thema Bornavirus (Symptomatik, Übertragung, Häufige Fragen) sind auf der LGL-Homepage unter Gesundheit: Infektionskrankheiten A-Z: Erkrankung durch das Borna-Virus (bayern.de) abrufbar. Auch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) berichtet über das Bornavirus, die Informationen sind abrufbar unter Bornaviren, BoDV-1, VSBV-1: Friedrich-Loeffler-Institut (fli.de)
Zuletzt geändert am:
29.11.2022
um 13:01 Uhr
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